Mutmacherin-Beispiel: Karriere und Familie lassen sich vereinbaren

Die Juristerei bietet jungen Frauen ermutigende Möglichkeiten


Im Rahmen des Programms zum Internationalen Frauentag hat die AsF Ibbenbüren (SPD Frauen) Gaby Kors-Poweleit, Direktorin des Amtgerichtes Ibbenbüren, zum Gespräch eingeladen und mit ihr über ihre beeindruckende Karriere gesprochen. Lange Zeit war sie die einzige Richterin unter vielen männlichen Kollegen am Gericht. Jetzt ist sie die bislang einzige Direktorin im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm, die in Teilzeit diese Führungsaufgabe ausübt. Damit ist sie wichtige Vorreiterin und Mutmacherin für künftige Generationen junger Frauen.

In unregelmäßigen Abständen besucht die AsF Frauen in Ibbenbüren, die in irgendeiner Weise herausragen: als Unternehmerin, als Ideengeberin, als Arbeitnehmerin in MINT-Berufen aber auch als „Vertreterin“ der sogenannten klassischen weiblichen Berufe. Diesmal wurde diese Reihe in das Programm des Internationalen Frauentages eingebunden, um möglichst viele interessierte Frauen anzusprechen. Moderiert wurde das Gespräch von Susanne Spilker-Gottwald, Vorsitzende der AsF Ibbenbüren.

Als Gesprächspartnerin war die neue Direktorin des Amtsgerichts Ibbenbüren, Gaby Kors-Poweleit, geladen. In beeindruckender Art und Weise stellte sie ihren Werdegang vor. Begonnen hat dieser in Horstmar; in einfachem, handwerklich geprägtem Familienumfeld. Sie sei die einzige aus der Familie gewesen, die das Abitur gemacht habe, so Gaby Kors-Poweleit. Nach dem Abitur in Steinfurt startete sie eher unbedarft in das Jurastudium. Dort quälte sie sich durch bis zum 1. Staatsexamen. Das Jurastudium sei damals noch sehr wissenschaftlich ausgerichtet gewesen. Praxisanteile gab es nur wenige. Ihr Fleiß und Durchhaltevermögen zahlten sich aus und sie startete als sehr junge Frau ins Referendariat am Landgericht Münster. Nach mehreren Stationen dort wurde es Gaby Kors-Poweleit schnell klar, dass das Gericht ihr Arbeitsplatz werden sollte.

Schirrmherrin Katja Siemon als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ibbenbüren, Gaby Kors-Poweleit, Direktorin am Amtsgericht Ibbenbüren und Susanne Spilker-Gottwald, Vorsitzende der AsF Ibbenbüren
Auf ihrem weiteren Weg seien ihr überall hilfreiche Mentor*innen begegnet, die ihre Karriere beschleunigten. Nach bestandenem 2. Staatsexamen kam gleich am Folgetag der Anruf des Oberlandesgerichts verbunden mit der Einladung zum Assessment Center für den richterlichen Dienst. Mit gerade mal 26 Jahren startete sie am Landgericht Dortmund als Proberichterin in einer erstinstanzlichen Zivilkammer, die vornehmlich mit Bausachen befasst war. Ein eher männlich dominiertes Fachgebiet, das sie nach kurzer Einarbeitung sicher beherrschte. Es folgten weitere Stationen bis zu ihrer ersten Planstelle am Amtsgericht Ibbenbüren, wo sie mit Familienrechtsangelegenheiten und Jugendstrafsachen befasst war.

Neben ihrer beruflichen Karriere gründete Kors-Poweleit eine eigene Familie. Sie hat 3 Kinder und einen „voll berufstätigen“ Mann, so dass sie bis heute die Hauptlast des Familienmanagements trage. Dabei profitierte sie von den Großeltern, ohne deren Unterstützung manches viel schwieriger gewesen wäre. „Mein Beruf als Richterin ist zugegebenermaßen ein privilegierter Berufsstand, bei dem es gut möglich, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren,“ so Kors-Poweleit. „Man kann die Aktenarbeit gut organisieren, die Möglichkeit von Home-Office-Zeiten nutzen und ist in Bezug auf die zeitliche Einteilung der anfallenden Arbeit weitestgehend ungebunden.

„Dennoch bedarf es auch hier eines verlässlichen Backups aus Kinderbetreuungsmöglichkeit, Großeltern und des Ehepartners,“ so das Resümée der Richterin. Die Familie hat sich bewusst für Ibbenbüren entschieden und zog aus Münster hierhin, weil die Infrastruktur passte. Das Wohnumfeld, die Kita-Landschaft, die vielen Schulen, die stets kurzen Wege. Nicht zu vergessen die vielen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.

Familienrecht sei bis heute „ihr Ding“. Das Jurastudium bildet Richter*innen nicht speziell auf das Ressort Familienrecht aus. Daher bräuchte es einer intensiven Einarbeitung und der Inanspruchnahme des von der Justiz vorgehaltenen Fortbildungsangebots. Gerade im Bereich von Kindschaftsverfahren habe man ein breites Spektrum an Handlungs- und Interventionsmöglichkeiten als Familiengericht. Genau dies sei bis heute der Grund, warum sie so gerne Familienrichterin sei. Wenn man genügend Empathie für die betroffenen Familien mitbrächte und genau hinhöre, kann man bei der Gestaltung der Verfahren und Verhandlungen häufig eine Lösung finden, die alle Beteiligten akzeptieren.

Nach weiteren Fortbildungen und Förderprogrammen im Bereich der Justizverwaltung wurde Gaby Kors-Poweleit erste Präsidialrichterin in Teilzeit am Landgericht in Münster. Nach einjähriger Abordnung in die Justizverwaltung des Landgerichts Münster kehrte sie zunächst an ihr Heimatgericht in Ibbenbüren zurück, bevor sie im August 2020 zur Vertreterin des Direktors des Amtsgerichts Steinfurt ernannt wurde. Auch diese Funktion nahm sie in Teilzeit wahr. Und jetzt seit Dezember 2022 ist sie Direktorin am Amtsgericht Ibbenbüren – ebenfalls in Teilzeit.
Auf die Frage, was sie jungen Frauen als Ratschlag mitgeben könne, hat sie spontan 3 Tipps bereit:
  1. Schafft Euch ein gutes Netzwerk zur Gestaltung des Familienalltags, auf das ihr jederzeit, gerade bei Krankheit, Unterrichtsausfall, Schließungstagen von Schule/Kindergarten, zurückgreifen könnt.
  2. Traut Euch zu, auch beruflich Verantwortung zu übernehmen und setzt auch für flexible Arbeitsmodelle ein, auf deren Grundlage sich Beruf und Familie gut vereinbaren lassen.
  3. Bildet euch weiter und seid offen für neue Aufgaben. Nutzt Fortbildungsmöglichkeiten. Gerade aktuell werden viele Online-Angebote vorgehalten, die sich gut mit den Bedürfnissen der Familie in Einklang bringen lassen.
Diese Geschichte ist eine Mutmach-Geschichte für junge Frauen, die ihren beruflichen Werdegang noch vor sich haben. Da waren sich alle Zuhörer*innen einig. In einigen Berufsfeldern wird sich die Vereinbarkeit von Karriere und Familie schneller weiterentwickeln, da die Art der Tätigkeit dies erleichtere. Bei anderen müsse man auch weiterhin dicke Bretter bohren. Aber, und dies ist ohne Frage Tenor dieses Nachmittages gewesen: „Wo ein Wille ist, ist häufig auch ein Weg.“ Junge Frauen müssen und sollten selbstbewusst in ihre Karriere starten und ihre Vorstellungen klar äußern. Die Arbeitswelt sowie die Politik müssen flankierend unterstützen, um die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.
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